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ROUNDUP: Lindner hofft auf kleinere Milliardenlücke bis Herbst
Sa, 17.08.24 10:48· Quelle: dpa-AFX
BERLIN (dpa-AFX) - Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht beim mühsam errungenen neuen Haushaltskompromiss der Koalitionsspitzen Licht und Schatten. Der FDP-Chef hob zwar hervor, dass die Schuldenbremse weiter eingehalten werde und Steuern nicht erhöht würden. Auch sieht er keine verfassungsrechtlichen Probleme. Allerdings ließ Lindner auch Missmut über die verbleibende Milliardenlücke von zwölf Milliarden Euro erkennen. Ungemach droht der Koalition wegen eines neuen Finanzierungsmodells für die Deutsche Bahn, das für Konkurrenten höhere Trassenpreise und für deren Kunden höhere Fahrpreise nach sich ziehen könnten.
Ursprünglich hatten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner schon im Juli auf einen Entwurf zum Bundeshaushalt 2025 verständigt. Mehrere Gutachten ließen aber Zweifel an der Machbarkeit von Finanzierungsmodellen aufkommen, was Nachverhandlungen zur Folge hatte.
Der neue Kompromiss sieht im Kern Umschichtungen von Geld für die bundeseigene Deutsche Bahn vor. Die Milliardenlücke wurde von 17 Milliarden auf 12 Milliarden Euro gedrückt. Die Zeit für das Spitzentrio drängte auch deshalb, weil der Bundestag vor der Haushaltswoche im September noch ausreichend Zeit haben soll, sich mit dem Zahlenwerk zu befassen.
"In der Koalition war nicht mehr möglich"
Die Summe gilt als sogenannte globale Minderausgabe. Die Regierung geht hierbei davon aus, dass die Ministerien nicht das gesamte Geld in dem Jahr ausgeben werden - zum Beispiel, weil sich Projekte verzögern. Eine solche Minderausgabe zu veranschlagen ist nicht unüblich, die Summe von zwölf Milliarden Euro aber sehr hoch.
"Besser wäre es, sie wäre einstellig", hatte Lindner noch am Nachmittag in Düsseldorf gesagt. In den ARD-"Tagesthemen" ging der Finanzminister am Abend davon aus, dass die Summe bis November noch sinken wird, "durch die ökonomischen Entwicklungen und durch Aktualisierungsnotwendigkeiten", wie er sagte.
"In der Koalition war nicht mehr möglich", sagte der Finanzminister zu der Einigung mit Scholz und Habeck. Es gebe wechselseitig Grenzen. Bei ihm sei es das Nein zu Steuererhöhungen und zu Änderungen bei der Schuldenbremse. Lindner unterstrich zugleich, dass er kein Risiko hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts eingehen will. "Ich habe jedenfalls keinen Mut, wenn es darum geht, die Grenzen unserer Finanz-Verfassung auszutesten", betonte der FDP-Chef.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss. "Bei den Haushaltsverhandlungen haben wir unsere Leitplanken klar einhalten können, das ist eine gute Nachricht für unser Land", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Schuldenbremse bleibe unangetastet, neue oder höhere Steuern seien ausgeschlossen, gleichzeitig investiere man auf hohem Niveau, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Nicht mit Ruhm bekleckert
Vizekanzler Habeck hadert allerdings mit dem Vorlauf zum neuen Kompromiss. "Das hätte alles leiser, nicht öffentlich, passieren sollen", sagte Habeck über den öffentlich ausgetragenen Streit. "Da hat sich keiner mit Ruhm bekleckert." Auch SPD-Chef Lars Klingbeil räumte bei RTL/ntv ein: "Diskussion ist okay, aber es hätte an vielen Stellen leiser sein können. Es hätte auch vertraulicher sein können. Und gerade die öffentliche Inszenierung von Streit hat sicherlich keiner der drei Ampelparteien geholfen, das wäre nicht nötig gewesen."
Klingbeils Co-Parteichefin Saskia Esken zeigte sich dennoch erleichtert, dass der Etat nun in "trockenen Tüchern" sei. "Dieser Haushalt ist ein Signal der Zuversicht für unsere Gesellschaft und die Wirtschaft im Land", sagte sie den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Jetzt könne sich der Bundestag an die Arbeit machen,
Die Union sieht die Einigung indes kritisch. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nannte die Haushaltsdebatte im Redaktionsnetzwerk Deutschland ein "Trauerspiel". Die Ampel-Koalition beschädige mit ihren ständigen Streitereien das Vertrauen in den Staat.
Höhere Preise im Personen- und Güterverkehr befürchtet
Nach dem Kompromiss der Koalitionsspitzen soll die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn AG zusätzliches Eigenkapital im Umfang von 4,5 Milliarden Euro bekommen. Das soll direkte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ersetzen. Außerdem soll die Bahn ein Darlehen des Bundes in Höhe von drei Milliarden Euro bekommen. Bisher war eine Eigenkapitalerhöhung von rund 5,9 Milliarden Euro vorgesehen. Damit soll die Bahn Investitionen zur Sanierung des maroden Schienennetzes vornehmen. Mehr Eigenkapital für die Bahn bedeutet aus Finanzierungsgründen steigende Trassenpreise - also Gebühren für die Nutzung des Schienennetzes, eine Art Schienenmaut.
Die Allianz pro Schiene sieht das Finanzierungsmodell "ausgesprochen kritisch", wie der Leiter Verkehrspolitik des Bahnverbandes, Andreas Geißler, betonte. "Eigenkapitalerhöhungen anstelle der eigentlich üblichen Baukostenzuschüsse führen zu höheren Trassenpreisen, machen also in der Konsequenz die Nutzung der Schieneninfrastruktur für Eisenbahnverkehrsunternehmen und damit die Wirtschaft und Reisenden erheblich teurer", erläuterte Geißler.
Der Güterbahnen-Verband, der rund 110 private, regionale und internationale Unternehmen vertritt, wurde noch deutlicher. Geschäftsführerin Neele Wesseln sprach von einem "schwarzen Freitag für die Eisenbahn in Deutschland". Der Beschluss werde Millionen Verlierer haben. "Die desaströse Vereinbarung verschweigt die kostentreibenden Folgen für die Eisenbahnkunden im Personen- und Güterverkehr", kritisierte Wesseln./shy/DP/mis
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