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Heusgen: Regierung muss Tacheles reden zu Gefahr durch Russland
Fr, 12.07.24 06:25· Quelle: dpa-AFX
WASHINGTON (dpa-AFX) - Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, kritisiert den Großteil der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) für ihre Kommunikation zum Ukraine-Krieg. "In Deutschland redet der Verteidigungsminister Tacheles und spricht davon, dass wir kriegstüchtig werden müssen", sagte der frühere außenpolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Washington. Dessen Kabinettskollegen unterschätzten aber immer noch den Ernst der Lage.
"Ich habe bis heute das Gefühl, dass die meisten verantwortlichen Politiker glauben, dass sie der Bevölkerung keinen reinen Wein einschenken und sagen können: 'Wir haben es mit einer Aggression wie im Kalten Krieg zu tun'", beklagte er. "Es gibt da eine gewisse Zögerlichkeit und den Glauben, dass man der Bevölkerung das nicht zumuten kann."
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der sich sehr intensiv mit Militärfragen beschäftige und sehe, was Russland tue, habe seine Worte wohlüberlegt, sagte Heusgen. Pistorius beobachte, wie aggressiv Russland sei und dass Deutschland darauf Antworten finden müsse. "Es überrascht mich auch überhaupt nicht, dass er den jüngsten Kabinettsbeschluss im Hinblick auf den Haushalt des nächsten Jahres als "ärgerlich' bezeichnet, weil er sieht, dass seine Kabinettskollegen die Dramatik der Situation, nämlich die Aggression Russlands, immer noch unterschätzen."
Pistorius sei inzwischen der beliebteste Politiker in Deutschland, der die größte Glaubwürdigkeit habe, sagte Heusgen. Scholz dagegen habe bis heute nicht wieder jene Zustimmungsquoten erhalten, wie er sie nach seiner Zeitenwende-Rede erreicht habe. Der Kanzler hatte Ende Februar 2022 kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine Regierungserklärung abgegeben und darin betont, der Tag des russischen Einmarsches markiere "eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents".
Heusgen sagte, Kremlchef Wladimir Putin habe sich zum Ziel gesetzt, die alte Sowjetunion wiederherzustellen. "Bei uns wird das alles noch immer ein bisschen heruntergespielt", beklagte er: "Wir sind in unseren politischen Stellungnahmen in Deutschland immer noch besänftigend. Vielleicht hat man Angst davor, den Leuten klar zu sagen, was Sache ist."
"Man muss den Menschen reinen Wein einschenken und ihnen klar sagen, was Russland alles an Verträgen gebrochen hat, wie Russland aufrüstet, dass Russland in Kaliningrad nuklearfähige Raketen stationiert hat, die Deutschland erreichen können", mahnte Heusgen. "Das weiß der normale Deutsche nicht."
Putin habe bewiesen, wie aggressiv er sei. "Und es ist nur richtig, dass wir jetzt unsererseits Konsequenzen ziehen", sagte er mit Blick auf die geplante Stationierung von US-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern in Deutschland ab 2026. Die USA wollen damit erstmals seit dem Kalten Krieg wieder Waffensysteme in Deutschland stationieren, die bis nach Russland reichen. Heusgen betonte: "Mit jemandem wie Wladimir Putin kann man nur aus einer Position der Stärke verhandeln."/jac/DP/stk
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