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ROUNDUP 2/Nach Tod von Raisi: Iran wählt neuen Präsidenten
Fr, 28.06.24 11:38· Quelle: dpa-AFX
(aktualisiert)
TEHERAN (dpa-AFX) - Im Iran hat die Abstimmung zur Präsidentenwahl begonnen. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei gab am Freitag traditionell seine Stimme im Zentrum der Hauptstadt Teheran ab. Die Wahl steht im Zeichen einer schweren Wirtschaftskrise, Spannungen mit dem Westen und Frust über die Staatsmacht und Regierung, vor allem in der jüngeren Bevölkerung.
Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler sind in der Islamischen Republik dazu aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Die Wahllokale sind von 8.00 bis 18.00 Uhr Ortszeit (6.30 bis 16.30 Uhr MESZ) mit der Möglichkeit zu einer Verlängerung geöffnet. Mit ersten Ergebnissen wird am Samstag gerechnet. Die Wahl folgt auf den Tod von Amtsinhaber Ebrahim Raisi, der am 19. Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war.
Der sogenannte Wächterrat, ein mächtiges islamisches Kontrollgremium, hatte nur sechs Kandidaten für die Wahl zugelassen. Zwei Bewerber zogen sich jedoch zurück. Die sogenannten Fundamentalisten - loyale und erzkonservative Anhänger des Systems - sind am stärksten vertreten. Unter ihnen brennt ein Machtkampf zwischen dem amtierenden Parlamentspräsidenten Mohammed Bagher Ghalibaf und dem Hardliner Said Dschalili. Als wichtigster Herausforderer gilt der moderate Politiker Massud Peseschkian.
Konservatives Lager gespalten - Hoffnung bei Reformpolitikern
Ghalibaf, früherer General der mächtigen Revolutionsgarden, gilt als konservativer Machtpolitiker. Dschalili vertritt radikalere Positionen. Er gehörte früh zum engsten Machtzirkel und arbeitete im Büro des Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei. Unter dem umstrittenen früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war Dschalili Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen. Bis zuletzt hatten Regierungsanhänger und Fundamentalisten gehofft, sich auf einen Spitzenkandidaten einigen zu können.
Als gefährlichster Herausforderer gilt der moderate Politiker und frühere Gesundheitsminister Massud Peseschkian. Im Wahlkampf kritisierte der Politiker die Kopftuchpolitik und warb mit bürgerlichen Positionen für Stimmen. Gleichzeitig bekundete Peseschkian seine Loyalität für Chamenei, die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den Angriff mit Drohnen und Raketen auf Israel als Stolz der iranischen Nation. Führende Stimmen aus dem Reformlager haben ihm die Unterstützung zugesagt.
Bei einer hohen Wahlbeteiligung dürften Peseschkians Chancen gar nicht schlecht sein. Insbesondere, wenn es in die Stichwahl geht und sich das iranische Volk zwischen einem Konservativen und Reformer entscheiden müsste. Der Präsident hat im Iran als Regierungsoberhaupt nur eingeschränkte Macht. Staatsoberhaupt ist der 85-jährige Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat.
Wenig Hoffnung auf große innenpolitische Änderungen
Den Glauben an große innenpolitische Veränderungen haben die meisten Landesbewohner, vor allem die jungen Menschen, verloren. Der Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini im Herbst 2022 entfachte landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Parlamentswahl erreichte ein Rekordtief von rund 40 Prozent. Bei Präsidentschaftswahlen im Iran gehen traditionell jedoch mehr Menschen wählen.
Im Wahlkampf debattierten die Kandidaten vor allem über Wege, die enorme Wirtschaftskrise im Land zu bewältigen. Der Iran ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms mit internationalen Sanktionen belegt und vom weltweiten Finanzsystem weitgehend abgeschnitten. Das Land benötigt Investitionen in Milliardenhöhe. Daneben diskutierten die Bewerber über innenpolitische Themen, Kulturpolitik und den Umgang mit dem Westen.
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte./apo/DP/mis
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