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ROUNDUP 2/Pistorius in den USA: Keine Schuldenbremse für Verteidigungsetat
Mi, 08.05.24 16:14· Quelle: dpa-AFX
(neu: Details)
NEW YORK (dpa-AFX) - Die Schuldenbremse darf nach Ansicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius Ausgaben für die Bundeswehr nicht weiter beschränken. Der SPD-Politiker forderte am Rande eines Besuchs in New York, Ausgaben für die Verteidigung und auch für Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Er berief sich in seiner Argumentation auf die Verfassung, in der sowohl die Schuldenbremse als auch die Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte verankert sind. "Die Schuldbremse bliebe ja bestehen, aber die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz würden nicht dort eingerechnet", sagte Pistorius am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Sein Haus habe dazu ein Rechtsgutachten erstellt.
Finanzminister Christian Lindner reagierte umgehend. "Der Kollege Pistorius zeigt leider nur die Option auf, Sicherheit durch Schulden zu schaffen. Den Bürgern werden so immer mehr dauerhafte Zinslasten aufgehalst", sagte der FDP-Chef der dpa. "Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft in Fahrt zu bringen."
Im Jahr 2028 ist das sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr mit einem 100-Milliarden-Euro-Topf ausgegeben, aber schon für das nächste Jahr will Pistorius deutliche Erhöhungen im regulären Verteidigungsetat, weil sonst ein "Rüstungsstopp" drohe. "Es wird keine einfache Antwort auf die Frage geben, woher das viele Geld kommen soll, was wir brauchen, die Lücke zu schließen", sagte Pistorius, der seinen Bedarf bei Lindner angemeldet hat.
"Wir reden von 6,5 bis 7 Milliarden Euro Zusatzbedarf für das kommende Jahr. Der Mehrbedarf wird auch in den Jahren danach weiter aufwachsen, weil das Sondervermögen schon ab Ende dieses Jahres vertraglich gebunden und damit ausgeschöpft sein wird", sagte Pistorius. "Wir müssen uns ehrlich machen: Ab 2028 wird eine nicht unbeträchtliche zweistellige Milliardenbetragserhöhung nötig sein."
Unterschiedliche Aufgaben aus der Verfassung dürften nicht gegeneinandergestellt werden, forderte der Minister. "Wenn die Schuldenbremse Verfassungsrang hat, dann hat der Schutzanspruch der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat, sie zu schützen, erst recht Verfassungsrang", sagte Pistorius. "Verteidigung ist Verfassungsauftrag. Dazu zählt die Aufstellung von Streitkräften zur Verteidigung. Damit hat es zunächst mal den gleichen Rang wie die Schuldenbremse. Man kann nicht sagen, dass dieser Sicherheitsanspruch als Grundrecht zurücktreten muss hinter die Schuldenbremse."
Pistorius sprach von einer "verfassungsrechtlichen Konkordanz". Dies bezeichnet eine Situation, bei der gleichrangige Verfassungsnormen miteinander kollidieren, die eine Norm aber nicht hinter die andere zurücktreten soll. Zur Generationengerechtigkeit gehöre es, wenige Schulden zu hinterlassen, aber auch die Weichen für ein sicheres Leben zu stellen. "Das Leben in Sicherheit ist eine essenzielle Grundlage für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung", sagte Pistorius. "Wir sollten unsere Sicherheit heute mit der gleichen Konsequenz wieder stärken, mit der wir jahrelang die Friedensdividende eingestrichen haben."
Zum Auftakt der Reise hatte Pistorius am Dienstagabend in New York zu weiterer gemeinsamer Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Angreifer aufgerufen. Er betonte vor Vertretern des American Jewish Committee, das jüdische Interessen vertritt, die verstärkten Beiträge Deutschlands in der Nato. Putin dürfe mit seinem brutalen Angriffskrieg nicht durchkommen.
Mit den Nato-Partnern USA und Kanada will Pistorius bis Freitag über die sicherheitspolitische Lage in der Welt beraten und ihnen das verstärkte deutsche Engagement im Bündnis erläutern. Pistorius wird seinen US-Amtskollegen Lloyd Austin am Donnerstag in Washington treffen und den kanadischen Verteidigungsminister Bill Blair am Freitag in Ottawa.
Zuletzt waren in Berlin Zweifel laut geworden, ob Deutschland ausreichend auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentenwahlen im November und die möglichen Konsequenzen vorbereitet ist. Der Republikaner hatte bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.
"Die Nato ist für unsere Sicherheit von zentraler Bedeutung und wir nehmen sie nicht als gegeben", sagte Pistorius. "Wir haben verstanden, dass sich die Zeit einmal mehr verändert hat. Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt und die Zeit der Friedensdividende ist vorbei. Deshalb leisten wir unseren Beitrag. Deutschland wird in diesem Jahr mehr Geld für Verteidigung ausgeben als je zuvor in der Geschichte der Bundeswehr."
Am Mittwoch stand auch ein Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres in New York auf dem Programm. Danach wollte Pistorius das Rüstungsunternehmen Boeing in Philadelphia besuchen, das zwei Großaufträge der Bundeswehr für 60 schwere Transport-Hubschrauber vom Typ CH47-F "Chinook" sowie mehrere Seefernaufklärer vom Typ P-8A "Poseidon" erhalten hat. Für die Modernisierung der Bundeswehr kauft Deutschland auch von anderen US-Herstellern für Milliardenbeträge ein. So werden für die Luftwaffe 35 Tarnkappenjets vom Typ F-35 des Herstellers Lockheed Martin gekauft und Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot./cn/DP/nas
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